We do not have to know each other in advance

We do not have to know each other in advance

Installation / 2 Kanal Video / 20min15’’ / 2024

Der öffentliche Raum bildet den Ausgangsort für „We do not have to know each other in advance“, eine Videoinstallation, die Momente aus Tanzperformances, Archivmaterial und Textzitaten miteinander verwebt. Ein Essay, um die Performativität von Körpern in dieser politischen Zone, die der öffentliche Raum darstellt, zu artikulieren. Für dieses Projekt habe ich Bildematerial aus dem „Archives des Contestataires Genève“ verwendet, Archivbilder von Menschen, die den öffentlichen Raum beanspruchen um zu debattieren, und um Protest und Widerstand sichtbar zu machen. Die Strasse, der öffentliche Raum, ist per Definition ein Ort permanenter Aushandlung und bildet ein Fundament der Demokratie. Eine Demokratie, die ihre Legitimität nicht nur an ihrer Fähigkeit testet, wie sie Protestbewegungen Raum gibt, sondern auch an der sichtbaren Spannung, die sie in diesem kollektiven Raum bestehen lässt, oder nicht.
Um diese Fragen zur Politik des öffentlichen Raums und des Widerstands in eine Stimme zu fassen, greife ich auf Textauszüge der Philosophin Judith Butler aus „Notes Toward a Performative Theory of Assembly“ (Harvard University Press) zurück. Mit diesem visuellen und schriftlichen Material entwickelte ich gemeinsam mit dem Tänzer und Choreografen Cédric Gagneur Bewegungen und Choreographien für eine Gruppe von sieben Tänzerinnen und Tänzern. Im Zentrum steht der Prozess; wie werden diese Tanzschaffenden die politischen Realitäten, die in den Archiven und Texten dokumentiert sind, entschlüsseln und bearbeiten? Wie werden sie diese Strategien von Körpern, die sich ineinander verflechten, zusammenfallen, gleiten und schwer werden, individuelle Körper die sich zu einem kollektiven Körper formen und gemeinsam Positionen des Widerstands proben, anwenden und erzählen ? Diese prozessorientierten Choreografien sollen die durch die Archivbilder und Judith Butlers Texte aufgeworfenen Fragen in eine Körperlichkeit übersetzen.
Die in „We do not have to know each other in advance“ verflochtenen Fragmente könnten zugleich als Manual für einen prekären öffentlichen Raum dienen – einen politischen Raum, der seit geraumer Zeit von seinem Verschwinden bedroht wird.

Auszüge aus „Notes Toward a Performative Theory of Assembly“ von Judith Butler

“The “we” is enacted by the assembly of bodies, plural, persisting, acting, and laying claim to a public sphere by which one has been abandoned.”
“No one body establishes the space of appearance, but this action, this performative exercise, happens only “between” bodies, in a space that constitutes the gap between my own body and another’s. In this way, my body does not act alone when it acts politically.”
“The power to move or be still, to speak and to act, belongs to the assembly prior to, and in excess of, whatever rights a particular government decides to confer or to protect.”
“When we think about public assembly, we are always thinking about the police power that either lets it happen or stops it from happening, and we are on guard against the moment in which the state starts to attack the people it is supposed to represent.”