Fassung #1

Fassung #1

Installation / 1 Kanal Video / Kopfhörer / Fotografie / 25min. / 2015

An der 100 Jahr Feier der Schweizer Luftwaffe „Air14“ habe ich ein Interview mit einem Mitarbeiter der Pilatus Flugzeugwerke geführt, der mir, in gegenseitigem Einverständnis, einige seiner persönlichen Standpunkte unterbreitete. Die Pilatus Flugzeugwerke kann man als ein „Symbol“ der Schweizer Politik von Kriegsmaterialexport und deren Anwendung bezeichnen. Eine Politik, die ab den 70er Jahren regelmässig für nationale und internationale Kritik sorgt.
Nach dem gefilmten Interview, das mir wie erwartet keine neuen Informationen zu der Exportpolitik der Firma lieferte, erhielt ich eine SMS vom Pilatus-Interviewpartner:
„Grüezi Frau Loeffel. Ich bitte sie, die heute von mir gemachten Aufnahmen vertraulich zu behandeln und zähle auf ihre Diskretion. Beste Grüsse“
Diese Nachricht gründet die Ausgangslage von „Fassung #1“.
Nach verschiedenen Quellen aus dem Schweizer Wirtschaftsjournalismus ist zu vermuten, dass solch ein Auftrag an das Schweigen, an Zensur, nicht zufällig ist sondern vielmehr eine im Wirtschaftsbereich zum Teil verinnerlichte Methode frei legt, die vor allem gegenüber dem kritischen Journalismus angewendet wird (oftmals entwickelt und fundiert auf das „Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb / UWG“). Diese Kurznachricht stellt mir somit auch eine sprachliche Zusammenfassung der aktiven Machtverhältnisse im Informationsraum dar.
Die Weiterverarbeitung des gefilmten Interviews setze ich im Theaterraum, auf der leeren Theaterbühne mit fehlendem Publikum, fort. Auf dieser Bühne, auch ein Raum der Rhetorik, sitzt ein Schauspieler dem Originalinterview auf Bildschirm gegenüber, und stellt sich dem Versuch, diesen gefilmten Pilatus-Mitarbeiter direkt und genauestens wieder zu verkörpern. Der Auftrag an den Schauspieler ist es, die Sprache der gefilmten Person direkt in die Hochdeutsche Sprache zu übertragen und die Körpersprache und Gestik zeitgleich zu übermitteln, so zu sagen die Kopie des Pilatus-Mitarbeiters zu werden. Dieser Prozess des direkten Verdoppelns erzeugt beim Schauspieler verschiedene Stresssituationen, Momente der Störungen in denen das Scheitern der Sprache, der Übersetzung sichtbar und hörbar wird.
Somit dient mir diese Technik der „Imitation“, die zu einer Grundlage der Schauspielerei zählt, dazu Sprachgebrauch durch das Verfahren des Kopierens und Simulierens frei zu legen. Mithilfe dieser Über-und Versetzung des gefilmten Interviews in verfremdende Sprachräume, sollte nun eine Distanz zum Inhalt erzeugt werden, die Fragen über Bedingungen von Sprache und Machtverhältnissen ermöglichen kann.
Das Video wird auf einem Bildschirm und mit Kopfhörern präsentiert. Neben dem Bildschirm ist die Fotografie der SMS gehängt.

Gefilmt im Stadttheater Bern, Vidmarhalle.

Unterstützt von Pro Helvetia und Konzert Theater Bern.