5.752.414.468

5.752.414.468

Installation / 3 Kanal Video / Lautsprecher / 115min. / 2020-2021

In „5.752.414.468“ geht es um den Rechtsfall No. ARB/12/12 am ICSID (International Centre for Settlement of Investment Disputes, Teil der Weltbank-Gruppe) zwischen Vattenfall (schwedischer Energiekonzern) gegen die Bundesrepublik Deutschland. Nachdem die Bundesregierung auf Grund des Fukushima Atom-Unfalls mit der 13. Novelle des Atomgesetzes einen schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie beschliesst, reicht Vattenfall als Betreiberin mehrerer Atomkraftwerke in Deutschland gegen diesen politischen Entscheid am ICSID eine Klage ein, und verlangt einen Schadenersatz von 5,752414468 Milliarden Euro.
Die erste Anhörung des Prozesses wurde als Livestream, mit einer Zensurverzögerung von 4 Stunden, ausgestrahlt. Dieses erstmal der Öffentlichkeit zugängliche Format wurde auch als „Transparenz-Versprechen“ vom ICSID postuliert, was als eine Reaktion auf die wachsende öffentliche Kritik bezüglich internationalen Freihandelsverträgen wie TTIP, CETA zurückgeführt werden könnte.
In „5.752.414.468“ verwende ich Auszüge aus diesen Eröffnungs- und Schlussplädoyers, die ich als Textmaterial zur Weiterverarbeitung an ein Castingbüro übergebe. Das Casting als ein essenzieller, jedoch unsichtbarer Teil und Prozess der Filmproduktion dient mir hier dazu, den Originaltext in einem Operationsraum der Fiktion aufzugliedern, zu dekonstruieren, um so einen Blick ins Innere des Gesprochenen zu erhalten.
Ich beauftragte das Castingbüro Ulrike Müller in Berlin damit, die drei Hauptrollen des Prozesses (Richter und Anwälte) durch Schauspieler*innen zu besetzen.
Das Casting hat Ulrike Müller gemeinsam mit der Filmregisseurin Irene von Alberti im Berliner Tempodrom durchgeführt, dieses mehrtägige Casting mit neun Schauspieler*innen habe ich vollständig gefilmt. Der spezifisch dafür ausgewählte Castingraum wird ebenfalls als ein wichtiges Element in Szene gesetzt und soll in seiner Form die inhaltlichen Themen ansprechen und mit reflektieren.
Diese Aufnahmen, zusammen mit einzelnen Auszügen der Originalstimmen der ICSID Verhandlung, bilden die Dreikanal-Videoinstallation „5.752.414.468“.
Die unabgeschlossene Problematik der Atomenergie sowie auch der Kräfteverhältnisse internationaler Investitionsverträge bieten die Grundlage der gewählten Dauer der Installation von 1h55. Mit dieser Länge spreche ich auch das Andauernde und Unbeendete an, das gleichermassen durch das Casting, welches hier nicht als Filminszenierung abgeschlossen ist, offen gehalten wird.
Die Themenräume und deren Bildsprache werden ebenfalls durch die Tonkomposition vom Musiker Gaudenz Badrutt weiter behandelt.
Die Installation besteht aus drei identischen und synchronisierten Bildschirmen, der Ton wird über Lautsprecher abgespielt.

Gefilmt im Tempodrom Berlin.