Kunstbulletin 12. 2013

“Bühnen für den Krieg”
Brita Polzer

Grosse Themen solle man als Künstler/in nur mit grosser Vorsicht angehen, sagt Gabriela Löffel. Die Gefahr der Verkürzung sei stets vorhanden. Sie selbst beschäftigt sich mit dem Krieg, mit dessen vielschichtigen Rahmenbedingungen. Im Moment werden ihre Arbeiten in drei Ausstellungen gezeigt.

Bern, Genf, Yverdon-les-Bains — Es sind nicht die Bilder, die gemeinhin mit Krieg assoziiert werden, die Gabriela Löffel (*1972) interessieren. Weder ist sie dem Dokumentarischen noch dem Spektakulären auf der Spur – vielmehr holt sie die meist unsichtbaren Hintergründe ans Licht, die kleinen Nebenschauplätze, die Bühnen und Apparaturen, welche sich im Frieden auf den Krieg beziehen, diesen mit unserem Alltag verlinken und so erst möglich machen. Wie eine Chirurgin nähert sie sich dem Kriegshandwerk an, seziert einzelne Facetten, fokussiert fast hypnotisch auf das Fallen beispielsweise, zeigt in ‹Fallbeispiel›, 2006, wie Körper immer wieder zusammenbrechen, einknicken, zu Boden gehen. Ist jemand im Krieg gestorben, sagt man, er sei gefallen, als ob man so dem Tod die Schwere nehmen kann. Eine andere Arbeit zeigt Schiessende, und so nah ist die Künstlerin ihnen mit ihrer Kamera auf den Leib gerückt, dass man die Nähe fast nicht aushalten kann, man hört die Personen atmen und sieht in Zeitlupe, wie der Rückschlag ihre Mimik entstellt.

Es sind immer andere Schauplätze des Kriegerischen, mit denen sich die Künstlerin auseinandersetzt. Im vergangenen Jahr ist sie an die «International Defence Industry Exhibition» in Polen gereist, wo rund 400 Firmen aus 29 Ländern (darunter die Schweiz) ihre «Waren» und «Dienstleistungen» anboten. Das Schlimmste, sagt Löffel, war «dieses schreckliche Abstrakte». Die Kommerzialisierung des Kriegs schliesst dessen Brutalität und Schrecken aus, ebenso wie das menschliche Gegenüber, das es im Krieg zu töten gilt. «Wie werden diese Realitäten ausgeblendet», fragte sich die Künstlerin und fotografierte, filmte und interviewte, wobei sie ihre Kameras als hilfreich empfand: «Sie waren meine Filter die vier Tage lang». Die Fotoserie– ‹ohne Titel›, 2012 – spiegelt Löffels distanziert analytischen Blick. Sie zeigt das sterile, bis in alle Details durchdesignte Ambiente, die herausgeputzten Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Militär, die blitzblanken Waffen ästhetisch aufgereiht. Die Installation ‹Offscreen› ist den Schnittstellen von Realität und Fiktion gewidmet. Ausgehend von den Erzählungen eines Schweizer «Kriegstouristen» liess Löffel einzelne seiner Geschichten in den Babelsberger Filmstudios von Stuntleuten nachspielen, zudem filmte sie die Studios selbst, den Apparat der Filmproduktion ab.

Halle Nord, 1 pl. de l’Ile, Genève, jusqu’au
14 décembre, ma-sa 14h-18h, www.act-art.ch

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